Reilingen. War bereits der erste MundART-Stammtisch in Reilingen und den umliegenden Gemeinden auf großes Interesse gestoßen (wir berichteten), ging es in der „MundART-Scheier“ im Engelhof am Sonntagabend erst richtig eng zu. Selbst aus Bruchsal oder Bad Dürkheim waren Freunde der kurpfälzischen Sprachvielfalt in die Spargelgemeinde gekommen, um die Premiere der MundART-Veranstaltungen mitzuerleben.
Mit einer Mischung aus Gesang, Sprachkurs, Landweisheiten und deftigen Speisen der regiönalen Küche stieß das von den Reilinger Mundartfreunden entwickelte Veranstaltungskonzept sofort auf viel Beifall. Waren es nun der unbekümmerte Umgang mit – ob des Premierenfiebers – schon mal vergessenen Textstellen, die familiäre Atmosphäre im historischen Engelhof oder auch die spontanen und ungeprobten Wortwechsel der Akteure auf der Bühne: die mehr als 100 Besucher erlebten vergnügliche Stunden.
Die Lieder von Charly Weibel, die nur im Dialekt das ausdrücken können, was sie sagen sollen, zogen sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung. „Reilingarisch isch mei Sprooch, so geht die Gosch, machte Weibel deutlich – nämlich „broad un so gedeeehnd“. Und dass in der „Muddersprooch auch Derbes und Deftigkeiten sich fast zu liebenswerten Ausdrücken verändern, war dem Publikum ohnehin klar Ob nun von links oder von rechts des Rheines, ob aus „Neilosse, Hoggene oder Brusel, die Zuhörer erkannten sich und ihre Alltagswelt. in den humorvollen, manchmal auch hintergründigen Liedern. Da konnte der Friedhof plötzlich zum Ort der Kommunikation werden, oder die Geschichte „vum Karl“ oder das erstmals in der Öffentlichkeit vorgestellt. Lied „Kohner“ die Anwesenden auch schon mal nachdenklich stimmen. Und beim Lied vom „Reillnga Käskuche“ lud Weibe! zur multimedialen Interaktivität ein: „Ich sing vor und alle mache mit.“
Mit Anekdoten Histörchen und Bauernweißheiten verdeutlichte Karl Bickle die vielfältige Ausdrucksform, noch mehr aber die wechselnden Bedeutungen einzelner Worte. So mache es vor allem die Betonung aus, ob ein „Maler mohld“ oder ein „Miller moalt“ Mundartliche Ausdrücke wie „Muck un Mugg“, „Forz“ un „Ferz’t oder „er atzt wie ä Atzel (er stiehlt, wie eine Elster) brauchten dem einheimischen Publikum nicht übersetzt zu werden – aber sorgten bei den „Zugroaste“ (Neubürgern) schon mal für Verständnisschwierigkeiten. Aber dank des „Dialektikers“ Karl Bickle wussten diese am Ende sogar auch, was „ä Aggerdasch“ (Verspertaschc eines Landwirts) ist. Dritter im Bunde auf der Bühne war der singende Engelwirt Toni Kellner.
Ob nun als Solist oder im Duett „mid’m Tschalie un seinare Klampf“ – die Lieder begeisterten das Publikum Ob nun in „Komm ess ä Muhsebroud“ das Marmeladebrot zum universellen Heilmittel wurde oder von „Asparagus“, dem weißen Gold im Reilinger Sand gesungen wurde, die Lieder von Toni Kellner und Charly Weibel „hawwe des Zeig, um zum Gassehauer zu werre“.
Fehlen durfte natürlich auch nicht das inzwischen populäre „Saure Schlappe“-Lied, das um immer neue Strophen verlängert, der MundART-Veranstaltung einen passenden Abschluss bescherte.
Hatten die „Zugroaste“ bei ihrer ersten Lektion bereits schon einige Ausdrücke der Reilinger Sprooch gelernt, wurde es aber beim Bezahlen der Speisen und Getränke noch mal schwierig: „Hosch jetzt Schwoodemoore, Käis oder Schinge uffem Broud katt?“ Und auch der Hinweis „uffem Speisekärdel“, das „die ohgewwene Breis fa Esse un Dringe mid Meerwehrdschdaia un Bedienung sinn“ musste doch noch übersetzt werden. Alla dann…
Schwetzinger Zeitung vom 19.06.2001