Hockenheimer Zeitung vom 5.10.2004
„Ab jetzt ein Mundartliedermacher“
Charly Weibel im „Waldhaus“
Lange Zeit schwankte der Reilinger Sänger und Gitarrist Charly Weibel zwischen zwei musikalischen Polen. Zum einen hatte er es als Frontsänger der einst erfolgreichen und weithin bekannten Rockformation Jezebel’s Tower zu einer gewissen Bekanntheit gebracht, zum anderen entdeckte er die Liebe zur Mundart. Als sich die Wege der Rockmusiker trennten, gab es die ersten Versuche des Wandels zum Mundartsänger. Zahlreiche Auftritte in der kurpfälzischen Region machten Charly Weibel (als Oberkommissar Karl Weibel im Hockenheimer Polizeirevier beruflich tätig, sowie als SPD-Gemeinderat und Bürgermeisterstellvertreter in seiner Heimatgemeinde Reilingen kommunalpolitisch aktiv) in den letzten Jahren populär, seine Mundartlieder wurden bekannt – und mehrfach preisgekrönt. Das Oktoberfest im „Waldhaus“, zwischen Reilingen und Neulußheim im Altlußheimer Wald gelegen, nutzte nun Weibel, um seine neuesten Lieder für die nächste CD erstmals der Öffentlichkeit vorzustellen. Gekommen waren nicht nur viele interessierte Zuhörer aus der Umgebung, auch der Reilinger Mundartstammtisch hatte kurzerhand sein monatliches Treffen ins „benachbarte Ausland“ verlegt.
Bereits die ersten Stücke ließen aufhorchen und machten einen Wandel im Stil und der Art der Interpretation von Charly Weibel deutlich. Längst sind es keine „Liedlin“ mehr, die der Reilinger einfach nur zur Belustigung oder reinen Unterhaltung vorträgt. Als gereifter Liedermacher nutzt er die heimische Mundart dazu, um das verständlich für jeden auszudrücken, was ihm so im Alltag auffällt, mehr noch aber, was ihn in seinem tiefsten Innern bewegt.Texte und Musik musste man auch an diesem Abend zunächst einmal auf sich wirken lassen, um die heitere Nachdenklichkeit oder auch nachdenkliche Heiterkeit in Einklang zu bringen.
Voller Dankbarkeit erklingen da Liebeslieder an (s)eine Frau, die musikalische Liebeserklärung an seine Oma Luise kommt von Herzen. Spätestens da weiß der Zuhörer auch, woher der Sänger mit einem noch immer jugendlich-augenzwinkernden Charme seine Textideen findet: „Mei Oma hod fer alles än gude Spruch g’habt“. Und die sind ländlich-deftig, passen so richtig zur Reilinger Form der kurpfälzischen Dialektvielfalt.Ob Charly Weibel nun „Zurück zu Dir“, „Heit isch alles annerschder“ oder „De Karl“ vortrug – die Lieder waren voller Gefühl – ein starkes Stück menschlicher Selbsterfahrung. Dass der Mundartliedermacher aber auch anders kann, zeigten in der „Chronologie meiner frauenfeindlichen Lieder“ Stücke wie „Der dicke Damenchor“ („Isch ess jo nix, des kenne nur die Driese sei“) oder „Fer uff Afrigoa“ („Was zieh isch im im Urlaub blos oa?“). Und mit der Selbsterkenntnis „Ich schmeiß nix fort“ sprach Weibel vielen Zuhörern aus der Seele. Die Geschichte „vum Gwinn“ ließ im Verlauf des stimmungsvollen Abends ebenso schmunzeln wie „Uff’m Friedhouf“, dem Ort der wahren Kommunikation.Dass am Ende selbst im „Lossemer Ausland“ das „Reilinger Käskuche-Lied“ („Der isch besser zu verdaue als des Hoggemer Sauerkraut“) lautstark mitgesungen wurde, war nicht nur der Fangruppe aus der Spargelgemeinde zu verdanken, sondern auch dem überzeugenden Auftritt Charly Weibels. Dieser hatte mit seinem Auftritt im „Waldhaus“ zudem bewiesen, dass sein Wandel vom Mundartsänger hin zum Mundartliedermacher vollzogen ist. Dies lässt die neue CD mit Spannung erwarten.